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VPI    Vereinigung Privater Investoren

Investieren in Rohstoffe - was Sie wissen müssen


Rohstoffe sind die Grundlage unseres Lebens, unseres Wirtschaftens. Dennoch spielen sie in der Geldanlage nur eine Nebenrolle. Eigentlich erstaunlich, stellen sie doch reale Güter dar, die einen grossen Nutzen und somit auch immer einen Wert grösser null besitzen – im Gegensatz etwa zu Aktien oder Obligationen, die durchaus auch wertlos verfallen können.
Dies liegt sicher einerseits am mangelnden Wissen und Verständnis der Anleger über die Rohstoffe selbst (wer kennt sich schon mit Schweinebäuchen aus), anderseits aber auch an den spezifischen Eigenheiten des Rohstoffmarktes, die eine Anlage durchaus erschweren.
Wer aber ein gut diversifiziertes Portfolio aufbauen möchte, kommt eigentlich um Rohstoffe nicht herum. Schaut man sich die Vergangenheit an, so haben sich Rohstoffe immer gut entwickelt, wenn Aktien in den Keller gerutscht sind. Das hat u.a. damit zu tun, dass Rohstoffe einen besseren Schutz vor Inflation und steigenden Zinsen darstellen als Aktien. Sie können aber auch in einer Boom-Phase aufgrund von Verknappungserscheinungen durchaus mit Aktien zusammen steigen. Agrargüter wiederum können sich aufgrund nicht-wirtschaftlicher Faktoren (z.B. Wetter) auch völlig unkorreliert zu den übrigen Märkten bewegen. Einzig bei Deflation und/oder wirtschaftlichen Schwächephasen ist von Rohstoffen eher abzuraten. Sie sehen aus diesen Ausführungen, dass Rohstoffe durch Diversifikationseffekte zur Risikominderung und Ausgewogenheit des Portfolios beitragen.



Wie kann ich in Rohstoffe investieren?

Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen offen:

Aktienkauf
Hiermit ist gemeint, dass Sie Aktien derjenigen Unternehmen erwerben, die Rohstoffe produzieren oder liefern. Das Problem bei Aktien ist, dass der Kurs eines Rohstoffproduzenten nicht nur von harten Faktoren (der Preis des Rohstoffs selber), sondern auch von der Psychologie des Marktes sowie unternehmensspezifischen Faktoren (Qualität des Managements, Verschuldung etc.) abhängt.

Anlagen in Ländern, die Rohstoffe produzieren
Länder, die reich an Bodenschätzen sind wie Australien oder Kanada profitieren als Ganzes von einem Rohstoffaufschwung (und leiden mehr bei einem Abschwung). Andere rohstoffreiche Länder wie Venezuela, Malaysia, Südafrika oder auch Russland, fallen leider immer wieder durch ihre erratische Politik und damit verbundenen Problemen auf. Oft werden in solchen Para-Diktaturen auch immer wieder Unternehmen verstaatlicht, Eigentümer enteignet.

Immobilien
Der Kauf von Immobilien in rohstoffreichen Gegenden kann ein guter Kauf sein. Boomt der Markt und profitiert die Gemeinde/Gegend von den steigenden Preisen, können sich Ihre Investitionen leicht vervielfachen. Siehe Fracking-Boom in den USA oder Lithium-Boom in Australien und Chile. Bezüglich politischer Risiken gilt das oben gesagte.

Kauf von Rohstoffen (Direktanlage)
Rohstoffe werden hauptsächlich über standardisierte Warenterminkontrakte, sogenannte Futures, an Warenterminbörsen gekauft und verkauft. Die grösste Warenterminbörse der Welt ist die New York Mercantile Exchange (NYMEX). Handeln Sie als Anleger über eine solche Börse, müssen Sie die Eigenheiten und Abläufe des Futures-Handels kennen; selbst dann, wenn Sie über ein Fonds-Produkt oder Zertifikat eines Finanzinstitutes Rohstoffe einzeln oder als Basket (Index) indirekt kaufen! Denn auch ein solches Produkt ist von den Besonderheiten und Gegebenheiten an den Warenterminbörsen abhängig. Wir wollen deshalb näher auf Warenterminmärkte eingehen.



Warenterminbörsen - Kauf und Verkauf von Futures-Kontrakten

Wie oben bereits erwähnt, findet der weltweite Rohstoffhandel über standardisierte Warenterminkontrakte, Futures oder Future-Kontrakte genannt, ab. Damit lassen sich Lieferengpässe umgehen, weil ein Lieferant schon in der Gegenwart seine Ware zu einem fixen Datum in der Zukunft zu einem fixen Preis verkauft. Sie müssen auch nicht physisch zum nächsten Viehmarkt oder zu einer Erdölraffinerie fahren, um den Rohstoff zu erwerben.

Futures-Kontrakte enthalten grundsätzlich folgende Informationen:

Menge
Diese ist für die meisten Rohstoffe standardisiert, sodass beispielsweise Öl in Quantitäten von 10000 Barrel oder Kupfer zu je 25000 Pfund je Kontrakt angeboten werden.

Beschreibung
Um Unklarheiten zu vermeiden werden Art und Qualität des Rohstoffes genau beschrieben.

Ort und Zeit der Lieferung
Auch diese Angaben sind standardisiert. Weizen beispielsweise wird üblicherweise in den Monaten März, Juli, September und Dezember gehandelt und kann in den USA nach Chicago, Kansas City, St. Louis und Omaha geliefert werden.

Zahlungsmodalitäten
In den USA wird nur gegen Barzahlung geliefert.

In der Praxis werden aber weniger als 3% aller Kontrakte als Realtausch von Rohstoffen erfüllt. Der überwiegende Teil wird durch ein Gegengeschäft vor dem Fälligkeitszeitpunkt glattgestellt. Der Inhaber einer Short-Position (der Verkäufer) erwirbt also eine Long- Position (d.h. kauft einen Futures-Kontrakt) und umgekehrt.
Futures geben einem Rohstoffproduzenten Planungssicherheit, indem er heute schon einen fixen Preis für eine künftige Lieferung ausmachen kann und somit nicht mehr abhängig ist von Entwicklungen an den Weltmärkten. Dies gilt umgekehrt auch für einen Verbraucher von Rohstoffen in Industrie und verarbeitendem Gewerbe. Die hohe Liquidität an Futures-Märkten erlaubt es, Risiken einfach und schnell abzusichern.



Contango and Backwardation

Diese beiden eigenartigen Begriffe bilden ein zentrales Element für das Verständnis von Rohstoffmärkten. Wenn Sie in einem Finanzblatt die Rohstoffpreise studieren, werden Sie sehen, dass länger laufende Futures höher notieren als z.B. der Future, welcher im aktuellen Monat ausläuft. Je weiter der Liefertermin also in der Zukunft, desto höher liegt der Future-Preis über dem aktuellen Markt-Preis (Spot-Preis oder Kassakurs). Warum? Weil Sie den Verkäufer des Rohstoffes für seine Lagerhaltungs-, Versicherungs- und Zinskosten (wegen des gebundenen Kapitals) entschädigen müssen. Diese Kosten fallen immer an. Das heisst mit anderen Worten: als Investor machen Sie einen Verlust, auch wenn der eigentliche Spot-Preis unverändert bleiben würde. Dies ist beim Investieren in Rohstoffen extrem wichtig zu wissen und unterscheidet sich somit fundamental von einem Aktieninvestment. Eine Situation, in dem die Preise länger laufender Futures höher sind, als die mit kürzerer Laufzeit, nennt man Contango. Man sagt dann auch, der Kontrakt XY wird Contango gehandelt. Dies ist der Normalfall an den Futures-Märkten.

Dennoch kann auch der umgekehrte Fall vorkommen, dass Futures mit längerer Laufzeit tiefer notieren als kürzere. Warum? Es könnte sein, dass aktuell eine Dürreperiode den Zuckerpreis extrem hat steigen lassen. Zucker ist knapp, trotzdem brauchen ihn alle Süsswarenhersteller (Nestlé, Hersheys etc.). Jeder weiss aber, dass aufgrund des aktuell hohen Preises die Zuckeranbieter ihre Produktion wohl eher ausweiten werden. Zudem rechnet der Markt damit, dass die Dürreperiode in einem Jahr vermutlich vorbei sein wird. Ein einjähriger Futures-Kontrakt wird deshalb viel günstiger zu haben sein, als aktuelle, kurz laufende. Eine solche Situation nennt man Backwardation, das Gegenteil von Contango.

Auch wenn Sie über ein Bankprodukt (Fonds, Zertifikat) in einen Rohstoff oder Rohstoffindex investieren, gelten diese Gesetzmässigkeiten. Durch das Erneuern der zugrunde liegenden, auslaufenden Futures verlieren Sie im Normalfall Geld resp. verkleinert sich der Gewinn bei steigenden Spot-Preisen. Dies macht es umso wichtiger, sich über die Entwicklung, Chancen und Risiken, der einzelnen Rohstoffmärkte zu informieren. Hinzu kommen bei Bankprodukten natürlich die Gebühren, die Sie im Augen behalten müssen. Dafür laufen Sie bei diesen nicht Gefahr einer physischen Lieferung, falls Sie vergessen, den Futures-Kontrakt vor Ablauf glattzustellen.



Einige wichtige Rohstoffe

Erdöl und Erdgas
An Öl und Gas als Energieträger wird, trotz aller Ausstiegsbemühungen, bis auf Weiteres kein Weg vorbei führen. Dabei wird es zyklisch immer wieder zu Engpässen oder Überangebot kommen. Wer im Frühjahr 2020 Öl gekauft hat, darf sich heute über grosse Gewinne freuen. Der Energiehunger der Menschheit kann, technologischer Stand heute, nicht mit erneuerbaren Energien gedeckt werden. Da helfen auch grüne Utopien nichts. Nur ein grosser Ausbau der Atomkraft könnte die Lücke, welche ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern hinterlassen würde, füllen. Aber diese ist bekanntlich auch mehr als umstritten. Sie können in Rohöl und/oder Gas direkt über Futures-Kontrakte investieren, über Fonds (ETC - Exchange Traded Commodities) oder Zertifikate. Die sinnvollste Form ist aber wohl, Aktien eines der grossen Erdölproduzenten zu erwerben (Royal Dutch Shell, BP etc.).

Blei
Ein verrufenes Metall. Es ist formbar und korrosionsbeständig, aber auch giftig. Historiker mutmassen sogar, dass die bleihaltigen Wasserrohre zum Untergang des römischen Weltreiches beigetragen haben. Heute wird das Metall vor allem für Batterien benötigt. Das Bleiangebot schrumpft jedoch bei unveränderter Nachfrage, was einen guten Preis sichert.

Zucker
Auch ein Rohstoff, dem nicht allzu grosse Bedeutung beigemessen wird. Brasilien ist der grösste Zuckerproduzent und trägt hauptsächlich dazu bei, ob das Zuckerangebot hoch oder niedrig ist. Das hängt erstaunlicherweise vom Ölpreis ab (siehe oben!): ist dieser besonders hoch, wird mehr Zucker zu Äthanol verarbeitet, der in Brasilien dem Kraftstoff beigemischt wird.

Kaffee
Kaffee gehört zu den althergebrachten Rohstoffen. Es gibt archäologische Beweise, nach denen Kaffee schon lange vor 1000 v.Chr. im heutigen Äthiopien bekannt war. Nur wenige landwirtschaftliche Produkte verursachen zwischen Pflanzung und Vermarktung mehr Arbeit als Kaffee. Dies ist mit ein Grund, warum der Kaffeepreis in der Vergangenheit starke Preisausschläge gezeigt hat. Das Angebot kann nur relativ unflexibel auf Nachfrageänderungen reagieren, auch weil es bei Kaffee-Setzlingen zwei bis drei Jahre braucht, bis sie Früchte tragen. Dementsprechend empfindlich reagiert der Preis auch auf Ernteausfälle. In dieser Hinsicht verhält sich Kaffee nicht wie ein landwirtschaftliches Produkt, sondern eher wie ein Metall: er ist ein Rohstoff, der lange Zeit braucht, bis er vermarktet werden kann. Im Moment notiert Kaffee in einem Seitwärtskanal. Sollte sich in China der Absatz weiter steigern, kann schnell Angebotsengpass drohen, mit entsprechendem Preisauftrieb.

Gold
Diesem Edelmetall haftet etwas Mystische an. Industriell wird es vor allem in der Elektronik und Zahnmedizin verwendet. Die grösste Nachfrage kommt jedoch aus der Schmuckindustrie. Darüber hinaus dient es Notenbanken und Privaten als Reserve- und Wertaufbewahrungsmittel sowie Anlage- und/oder Spekulationsobjekt. Lesen Sie auch unseren Artikel "Zur Geldfunktion von Gold".
Es wird von vielen auch als eine Art "Lender of last resort" bei einem eventuellen Zusammenbruch des Finanzsystems gesehen. Kaufen Sie aus diesem Grund Gold (als Versicherung), dann empfehlen wir auf jeden Fall den physischen Bezug von Gold. Als zweitbeste Lösung, einen mit physischem Gold hinterlegten ETF (zum Beispiel von der Zürcher Kantonalbank). Kaufen Sie Gold eher als Renditeanlage, dann sind Minenaktien sinnvoll (grösserer Hebel, aber auch grösseres, unternehmenspezifisches Risiko).

Weitere interessante Rohstoffmärkte sind:

www.vpi-schweiz.ch