Es gibt vier Attribute, auf die man bei der Auswahl einer Aktie achten sollte: eine attraktive Bewertung, starke Finanzkennzahlen, ein gutes Geschäftsmodell und die Möglichkeit, durch Kauf dieser Aktie das Portfolio weiter diversifizieren zu können. In diesen Punkten vereinigt sich das Wissen einiger der grössten Investment-Strategen der vergangenen 100 Jahre. So unterstreichen beispielsweise Benjamin Graham und David Dodd die Wichtigkeit des Buchwertes in „Security Analysis“ (1934). Philip Fisher betonte die Wichtigkeit eines guten Geschäftsmodelles in „Common Stocks and Uncommon Profits“ (1958). Harry Markowitz wiederum revolutionierte das Portfolio Management in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts indem er zeigte, wie Diversifikation zu höheren Renditen und geringerem Risiko führen kann (Nobelpreis 1990). Wenn Sie eine attraktive Bewertung, starke Finanzkennzahlen, starkes Geschäftsmodell und die Fähigkeit, Diversifikation in ihrem Portfolio zu erzeugen kombinieren, so weist die entsprechende Aktie ein vorteilhaftes Risiko-Rendite Verhältnis auf. Was verstehen wir unter Risiko-Rendite Verhältnis? Es handelt sich hierbei um ein Mittel, die Wahrscheinlichkeit eines Preisrückgangs (Risiko) der Aktie resp. eines Preisanstieges (Rendite) zu messen. Je tiefer die Menge an Risiko und je höher das Renditepotential, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass der Kauf der Aktie eine vorteilhafte Investition wird. Um das Risiko-Rendite Verhältnis messen zu können, entwickelte Charles Rotblut eine Wertungsliste (Scorecard), welche auf den vier oben dargestellten Schlüssel-Attributen basiert. Da Investieren nicht wirklich zu den „exakten“ Wissenschaften gezählt werden kann, verteilte er Punktzahlen für jedes Kriterium anstatt spezifische Masszahlen zu definieren. Es ist natürlich äusserst schwierig, die perfekte Aktie zu finden, aber es gibt doch viele Aktien, die es Ihnen ermöglichen, Vermögen aufzubauen und zu konservieren.
Bewertung
Preis-Buch Verhältnis (KBV): Der aktuelle Preis der Aktie dividiert durch den Buchwert pro Aktie. Diese Kennzahl zeigt, wievielmal das Nettovermögen im Preis der Aktie enthalten ist. In anderen Worten es handelt sich um die Prämie über das Vermögen hinaus, die der Aktionär aufgrund projizierter Gewinnschätzungen zu zahlen bereit ist. Generell sollte das KBV so tief wie möglich sein, aber nicht unbedingt unter 1, da es keinen Grund gibt für ein gut geführtes Unternehmen, unter seinem Buchwert zu notieren (ausser Sie finden tatsächlich DAS Schnäppchen, aber das ist doch sehr unwahrscheinlich...). Verschiedene Studien zeigen, dass die erzielten Renditen von Aktien mit tiefen Kurs-Gewinn Verhältnissen solche mit hohen übertreffen.
Kurs-Gewinn Verhältnis (KGV): Der aktuelle Preis der Aktie dividiert durch den Gewinn pro Aktie. Zeigt wie viele Jahre ein Unternehmen den aktuellen Gewinn erwirtschaften muss, um den aktuellen Kurs zu rechtfertigen (ohne den Zeitwert des Geldes zu berücksichtigen). Ein hohes KGV kann einen hohen Optimismus der Investoren bezüglich der Zukunft des Unternehmens anzeigen und somit das Risiko eines Kurssturzes erhöhen (da eventuell die Erwartungen zu hoch sind). Umgekehrt kann ein tiefes KGV andeuten, dass die Investoren zu pessimistisch sind, was die Zukunft des Unternehmens angeht, was wiederum die Chancen auf Kursgewinne erhöht, sollte das Unternehmen unerwartet positive Nachrichten vermelden.
Starke Finanzkennzahlen: Cash aus operativer Tätigkeit: Diese Position ist aus dem Cash Flow Statement im Geschäftsbericht ersichtlich. Sie zeigt, wie viel Geld aufgrund der eigentlichen Geschäftstätigkeit eingenommen resp. ausgegeben wird (den Geldfluss aufgrund Finanzierungs- und Investitionstätigkeit sehen Sie an anderer Stelle im Cash Flow Statement). Diese Kennzahl ist sehr wichtig, da es entscheidende Unterschiede gibt zwischen Gewinn und Cash. Der Gewinn ist eine Buchhaltungsgrösse (z.B. beeinflusst durch Abschreibungen) währenddessen der Cash Flow zeigt, was die Unternehmung tatsächlich einnimmt resp. ausgibt. Ein erfolgreiches Geschäftsmodell generiert Geld anstatt es zu verbrennen.
Erträge,
Gewinn und Gewinn pro Aktie: Eine gut geführte Firma wird
über die Zeit steigende Umsätze und Gewinne erzielen. Wir beobachten
sowohl den Gesamtgewinn als auch den Gewinn pro Aktie, da z.B.
Aktienrückkaufsprogramme das Wachstum des Gewinnes pro Aktie künstlich
aufblasen kann.
Liquiditätsgrad III (Currrent Ratio): Kurzfristiges Umlaufvermögen
dividiert durch kurzfristige Fremdkapital (beide Grössen zu finden in
der Bilanz des Geschäftsberichtes). Zeigt, wie liquide eine
Unternehmung ist. Der Liquiditätsgrad III berechnet die Fähigkeit
einer Firma, ihren laufenden finanziellen Verpflichtungen
nachzukommen. Dies erreicht sie, wenn die Current Ratio im Minimum 1
ist. Da aber ev. Lagerbestände schwer liquidierbar sind, sollte die
Ratio eher gegen oder sogar über 2 betragen. Eine Firma sollte immer
über genügend Cash in ihrer Bilanz verfügen.
Eigenkapital-Hebel: Langfristiges Fremdkapital dividiert durch
Eigenkapital. Diese Kennzahl zeigt den Finanzierungs-Hebel einer
Unternehmung. Je grösser diese Ratio, desto grösser der Anspruch
Fremdkapitalgeber auf das Vermögen, desto grösser das Risiko einer
Überschuldung. Die Ratio sollte nicht höher als 0.5 betragen, obwohl
kapitalintensive Unternehmungen ev. höhere Ratios aufweisen
können.
Eigenkapitalrendite (ROE): Gewinn dividiert durch Eigenkapital. Entspricht der Rendite, welche das Management aus dem Kapital der Eigentümer generiert - eine Näherung, wie gut die Unternehmung geführt ist. Da die Eigenkapitalrendite sowohl durch die Gewinnmargen als auch durch die Kapitalstruktur eines Unternehmens beeinflusst wird, sollte sie innerhalb einer Industrie und nicht industrieübergreifend analysiert werden. Ebenso sind Vergleiche über die Zeit angebracht. Wir bevorzugen Unternehmen, die eine höhere Eigenkapitalrendite als ihre Konkurrenten in der gleichen Branche aufweisen.
Gewinnschätzungen: Revidierte Gewinnschätzungen der Analysten lassen Schlüsse zu, in welche Richtung sich eine Firma entwickelt. V.a. sinkende Gewinnschätzungen sind ein Alarmsignal, dass eine Unternehmung in gröberen Schwierigkeiten stecken könnte. Es ist zu beachten, dass die publizierten Gewinnschätzungen der Analysten meist zu optimistisch sind und meist zu spät angepasst werden.
Produktlinien, Gewinn und Konkurrenz: Ein gutes Geschäftsmodell wird Produkte und/oder Dienstleistungen herstellen, die Kundenbedürfnisse nachhaltig befriedigen. Es wird in Märkten mit hohen Eintrittsbarrieren (durch die Qualität resp. Einzigartigkeit des Produktes) operieren und somit hohe Gewinnmarge erzielen. In anderen Worten, Sie suchen eine Unternehmung, die Kundenbedürfnisse nachhaltig trifft und mit keiner oder möglichst kleiner Konkurrenz konfrontiert wird.
Portfolio-Überlappung: Trägt die Aktie zur Diversifikation ihres Portfolios bei? Ist die Antwort nein, dann erhöht die Aktie Ihr persönliches Risiko, unabhängig wie stark oder vorteilhaft die übrigen Charakteristiken sind. Um diese Frage zu beantworten , kann auch die Risikokennzahl Beta herangezogen werden. Sie finden diese Angabe für Ihre Aktien auf frei zugänglichen Finanzseiten im Internet wie z.B. Reuters (www.reuters.com). Ist das Beta der analysierten Aktie tiefer als das durchschnittliche Beta Ihres Portfolios, dann trägt die Aktie mit grosser Wahrscheinlichkeit zur Diversifikation Ihres Portfolios bei.
In unserem Bewertungsmodell kann eine Aktie eine Punktzahl von 10 (sehr gut) und 50 (sehr schlecht) erzielen. Die meisten Aktien werden irgendwo dazwischen liegen.
Wir favorisieren Aktien, die eine Zehner-Punktzahl
aufweisen. Trotzdem können Aktien mit Punktzahlen bis zu 25 durchaus
interessant sein.
Fragen/Antworten | Punkte |
Wie hoch ist das
Preis/Buchwert Verhältnis (PBV)? |
|
Unter 2.0 |
1 |
Zwischen 2.0 und 3.0 |
2 |
Zwischen 3.0 und 4.0 |
4 |
Höher als 4.0 |
5 |
Wie hoch ist das Kurs/Gewinn
Verhältnis (KGV)? |
|
Unter 12.0 |
1 |
Zwischen 12.0 und 20.0 |
2 |
Zwischen 20.0 und 25.0 |
4 |
Über 25.0 |
5 |
Ist der Cash aus operativer
Geschäftstätigkeit positiv? |
|
Ja für die letzten 5 Jahre |
1 |
Ja für mindestens 3 Jahre letzten 5 Jahre (inkl. letztem
Jahres-Abschluss) |
2 |
Nein für mindestens 3 Jahre letzten 5 Jahre (inkl. letztem
Jahres-Abschluss) |
4 |
Nein für die meisten der letzten 5 Jahre |
5 |
Sind Umsätze und Gewinne
steigend? |
|
Ja für die letzten 5 Jahre | 1 |
Ja für mindestens 3 Jahre letzten 5 Jahre (inkl. letztem Jahres-Abschluss) | 2 |
Nein für mindestens 3 Jahre letzten 5 Jahre (inkl. letztem Jahres-Abschluss) | 4 |
Nein für die meisten der letzten 5 Jahre | 5 |
Wie hoch ist der
Liquiditätsgrad III (Current Ratio) der Firma? |
|
Über 1.0, aber unter 2.0 | 1 |
Über 2.0 | 3 |
Unter 1.0 | 5 |
Wie hoch ist der
Eigenkapital-Hebel? |
|
0.5 oder tiefer |
1 |
0.5 bis 0.75 |
3 |
0.75 bis 1.0 |
4 |
1 oder höher |
5 |
Wie vergleicht sich die
Eigenkapitalrendite der Unternehmung zu der ihrer
Konkurrenten? |
|
Besser als die Konkurrenz |
1 |
Etwa gleich |
3 |
Schlechter als die Konkurrenz |
5 |
Wurden Gewinnschätzungen in
den letzten 30 bis 60 Tagen nach oben oder unten angepasst? |
|
Gewinnschätzungen sind gestiegen |
1 |
Gewinnschätzungen blieben unverändert |
3 |
Gewinnschätzungen sind gefallen |
5 |
Verkauft die Firma Produkte,
die nachhaltige Bedürfnisse erfüllen, ist sie profitabel und
ist sie tätig in einem Markt mit hohen Eintrittsbarrieren? |
|
Ja |
1 |
Ja für 2 der 3 Charakteristiken |
3 |
Nein |
5 |
Trägt die Aktie zur
Diversifikation in Ihrem Portfolio bei? |
|
Ja | 1 |
Nein | 5 |
Bemerkung: Wird eine Aktie aufgrund fehlender
Unternehmens-grösse von Analysten nicht beobachtet (in der Schweiz
leicht möglich), so kann das entsprechende Kriterium gestrichen werden
und das Punktesystem angepasst werden (von 9-45 anstatt 10-50).